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Trauma-Verarbeitung

EMDR: Augenbewegungen gegen Traumata

Hast du schonmal eine Situation erlebt, die dich bis heute verfolgt und Angstzustände in dir auslöst? Beispielsweise ein Unfall, der schon Jahre zurückliegt, oder ein Erlebnis in der Kindheit, das für dich nur schwer zu verkraften war? Solche Traumata festigen sich in unserem Gehirn und sind schwer zu bekämpfen. Mithilfe der EMDR-Therapie (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) können Traumata behandelt und gelöst werden. Wir erklären dir hier, was die EMDR-Methode ist und wie sie funktioniert.

Was ist EMDR?

EMDR steht für „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“ und wird mit „Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegungen“ übersetzt. Es handelt sich um eine Methode zur Behandlung von Traumafolgestörungen und wird in der Psychotherapie angewendet. Sie ist sowohl für Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene geeignet. Der Unterschied zur ähnlichen Therapieform, der wingwave®-Methode, ist, dass EMDR sich auf die traumatischen Belastungen konzentriert und wingwave® mit der Behandlung der akuten Stresssituation. In Deutschland wird die EMDR-Methode seit 1991 eingesetzt und weist eine Erfolgsquote von 80 Prozent auf. EMDR ist eine häufig eingesetzte Methode in der klassischen Psychotherapie und wird von ausgebildeten Psychotherapeuten durchgeführt.

Was ist ein Trauma?

Ein Trauma ist eine seelische Verletzung, die aufgrund von leidvoll erlebten Erinnerungen entsteht. Dabei kommt es zu einer Überforderung des Stresssystems, bei der Panikattacken und Angstzustände ausgelöst werden können. Die Psychologie unterscheidet hierbei zwischen fünf verschiedene Arten von Traumata:

  1. Schocktrauma
  2. Entwicklungstrauma
  3. Sekundärtrauma
  4. Generationsübergreifendes Trauma
  5. Soziales Trauma

Die Entstehung von EMDR

EMDR wurde 1987 von dem US-amerikanischen Psychologin und Literaturwissenschaftlerin Dr. Francine Shapiro gegründet. Durch Zufall merkte sie beim Spaziergang im Park, dass die Ängste, die sie aufgrund ihrer Krebserkrankung hatte, verschwanden. Das brachte sie zum Nachdenken, weshalb sie folglich das Thema genau recherchierte. Sie fand heraus, dass sich, während sie sich Gedanken um den Krebs machte, ihre Augenbewegung ständig hin- und her ging. Sie folgte daraus, dass dies durch ein Wechselspiel von Licht und Schatten der Bäume kam und entwickelte daraus das Konzept der bilateralen (zweiseitigen) Stimulation. Shapiro erprobte das Verfahren erst an Freunden und Kollegen und fertigte dazu Studien an. Nach dem Abschluss der Studien wandte sie EMDR bei Trauma-Patienten an.

EDMR Therapie

Wie läuft eine EMDR-Therapie ab?

Das zentrale Element bei der EMDR-Therapie ist die Nachverarbeitung der belastenden Erinnerung, die das Trauma ausgelöst hat. Bei der EMDR-Sitzung wird eine bilaterale Stimulation hervorgerufen: Der Patient folgt den Fingern des Therapeuten mit den Augen, während sich die Hand horizontal bewegt. Das lässt sich gut mit einer Zugreise vergleichen: Der Patient fährt aus sicherer Distanz nochmal am Geschehenen vorbei. Das Ziel dabei ist, dass die Erinnerung verblasst und die Symptome aufgelöst werden. Dabei sollen die Patienten lernen, wie sie mit den Erinnerungen und Gedanken über das traumatische Ereignis umgehen können. Die Behandlung dauert pro Sitzung zwischen 50 und 60 Minuten. 

Die acht Behandlungsphasen der EMDR-Therapie

Eine vollständige EMDR-Behandlung hat acht Phasen, um das Trauma zu identifizieren und anhand dessen ein genaues Krankheitsbild behandeln zu können.

1. Anamnese und Behandlungsplanung

Zuerst wird eine vertrauensvolle Basis zwischen dem Patienten und dem Therapeuten geschaffen. Während der Anamnese macht der Therapeut sich ein umfängliches Bild über die Erlebnisse des Patienten, welche das zu behandelnde Trauma ausgelöst haben.

2. Stabilisierung und Vorbereitung

In der zweiten Phase werden die jeweiligen Erwartungen des Patienten geklärt und das Winken des Therapeuten vor den Augen geübt. Zudem werden in dieser Phase Signale festgelegt, mit denen der Patient das Verfahren stoppen und fortführen kann.

3. Bewertung

Dies ist die Einschätzungsphase. Bevor die eigentliche EMDR-Therapie beginnt, muss sich der Patient detailliert an das Trauma erinnern, um folglich daran zu arbeiten. Hier bespricht der Therapeut mit dem Patienten, welche Gefühle er beim Gedanken an das Trauma hat und wie er sein Körperempfinden einschätzt. Diese Erkenntnisse trägt der Therapeut folglich auf verschiedenen Skalen ein.

4. Desensibilisierungsphase

Nach der Aufarbeitung des Traumas folgt die konkrete Anwendung der EMDR-Methode. Der Therapeut führt die Handbewegungen durch, die bei dem Patienten einen Wachbewusstseinszustand auslösen, bei dem Assoziationsketten des Traumas aktiviert werden. Dies dauert etwa eine halbe bis eine Minute. Folgend berichtet der Patient, was er während der Durchführung gefühlt und gedacht hat. Der Therapeut gibt aufgrund dessen neue Denkanstöße für einen weiteren Durchlauf. Jeder Durchlauf wird vom Therapeuten beobachtet und die Fortschritte auf einer Skala festgehalten.

5. Verankerung

Ist der Erinnerungs-Prozess schon weit vorgeschritten (Ein deutlicher Unterschied der Skalen), formt der Patient einen positiven Glaubenssatz und bringt ihn mit der Imagination in Verbindung. So stärkt sich die positive Wahrnehmung des Patienten.

6. Körper-Test

Bei einer positiven Steigerung bringt der Patient die Ausgangssituation mit dem neu geformten positiven Glaubenssatz in Verbindung. Der Therapeut fordert den Patienten auf, die Aufmerksamkeit nun auf das Gefühl in seinem Körper zu richten.

7. Abschluss

In dieser Phase werden Entspannungsübungen gemacht und die verbliebenen Reste des Traumas verarbeitet. Abschließend gibt der Therapeut dem Patienten noch Verhaltensmaßnahmen für den Notfall mit.

8. Nachbefragung

In der Phase der Nachbesprechung wird geprüft, ob der Patient wirklich das komplette Trauma verarbeitet hat, oder ob neue Schwierigkeiten aufgetaucht sind. Zudem bespricht der Therapeut mit dem Patienten, welche künftigen Situationen als Auslöser in Frage kommen und bearbeitet diese.

Eine weitere Methode, um innere Blockaden, die durch ein Trauma entstehen können, zu lösen, ist TRE®. Cordula Paar erzählt in einem Interview, wie die Traumabewältigungsmethode ihr Leben verändert hat.

Was passiert bei EMDR im Gehirn?

Bei der EMDR-Methode unterstützt die bilaterale Stimulation das Gehirn, die eigenen Selbstheilungskräfte zu aktivieren und somit die belastenden Erinnerungen zu verarbeiten. Die EMDR-Methode macht sich die Erkenntnis zu Nutze, dass Multitasking nur begrenzt möglich ist. Während der Patient sich auf die Handbewegungen konzentriert, ist ein Teil seiner Aufmerksamkeit auf die Bewegung gebunden und der andere Teil auf das Trauma. Somit wird umgangen, dass der Patient zu viel über andere Dinge nachdenkt und sich vollkommen auf die Traumatherapie konzentriert.

Wofür ist EMDR hilfreich?

Die EMDR-Methode ist nicht nur für die Traumatherapie einsetzbar, sondern kann auch bei anderen Belastungsstörungen hilfreich sein. So hilft die EMDR-Therapie beispielsweise bei den folgenden Empfindungen:

 

Wo kann ich mich über eine EMDR-Therapie informieren?

Der wissenschaftliche Fachverband für Anwender der psychotherapeutischen Methode Eye Movement und Desensitization and Reprocessing (emdria e. V.) bietet umfangreiche Informationen zur Ermittlung eines Therapeuten in der Umgebung. In der Liste lässt sich anhand der Postleitzahl kostenlos ein Therapeut ermitteln.

Die Kosten für die Behandlung bei Erwachsenen werden seit 2015 von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen, solange sie von einem Therapeuten mit Kassenzulassung durchgeführt werden.

Wie werde ich EMDR-Therapeut?

Um ein anerkannter EMDR-Therapeut zu werden, bietet das EMDR-Institut Deutschland Ausbildungen an. Dafür muss im Vorfeld eine abgeschlossene Ausbildung ärztlicher oder psychologischer Psychotherapeut nachgewiesen werden. Auch Kinder- und Jugendpsychotherapeuten können eine EMDR-Ausbildung machen. Die Ausbildung besteht aus drei Modulen: 

1. Einführungsseminar und Praxistag: In den ersten zwei Tagen werden die Grundlagen von EMDR theoretisch und praktisch besprochen und durchgeführt. 

2. Supervision eigener Behandlungen mit EMDR: In dem zweiten Modul wenden die Psychotherapeuten die EMDR-Methode in ihren Psychotherapie-Sitzungen an, während ein Supervisor die Behandlung begleitet und mögliche Schwierigkeiten und die Wirksamkeit beobachten.

3. Fortgeschrittenen Seminar: Das Fortgeschrittenen Seminar dauert zwei Tage und behandelt die komplexen Traumtherapien, die stärkere Blockaden aufweisen und auch andere Anwendungsgebiete aufzeigen.

Du hast Fragen oder Anregungen? Schreib mir:
info@powerful-me.de

 

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